30 Bücher, die mich über das Jahr 2013 hinwegretteten

Romane:

Thomás González: «Das spröde Licht»

Ein Juwel, für das ich meine Hand ins Feuer lege.

John Williams: «Stoner»

Vergessen gegangene und wiederentdeckte Weltliteratur. Stoner, Professor für englische Literatur aus bescheidenen Verhältnissen, erträgt die Fährnisse des Lebens mit Gelassenheit. Darstellung eines Quasi-Heiligen, die absolut nichts Heiliges an sich hat. Grossartig!

Malcolm Lowry: «Unter dem Vulkan»

Ein Klassiker, den ich noch einmal gelesen habe. Ungemein atmosphärisch das Mexiko der schäbigen Cantinas. Nicht einfach zu lesen, weil oftmals aus der Sicht des dauerbetrunkenen, unterbeschäftigten britischen Konsuls.

Robert Menasse: «Vertreibung aus der Hölle»

Die Geschichte eines Rabbi des 17. Jahrhunderts und eines Rebells der Sechziger und Siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts – entfernt miteinander verwandt – zu einem reichen und unterhaltsamen Menschheitspanorama verquickt.

Ian McEwan: «Honig»

Eine Spionagestory in den Siebzigern von seltener Intelligenz, seltenem Witz, authentisch und spannend – was will man mehr.

David Lodge: «Ein ganzer Mann»

David Lodge ist einer meiner Lieblingsschriftsteller. Von ihm habe ich alles gelesen. In dem vorliegenden biografischen Roman stellt er Leben und Lieben des ehedem meistgelesenen Schriftstellers der Welt, H.G. Wells, dar.

Ulrike Edschmid: «Das Verschwinden des Philip S.»

Vita des begabten Schweizer Filmstudenten Werner Sauber, der in den sozialrevolutionären Untergrund abtauchte und zu Tode kam, von seiner damaligen Gefährtin mit beeindruckendem Stilwillen erzählt.

Miriam Toews: «Ein komplizierter Akt der Liebe»

Mennonitische Jugend in der amerikanischen Pampa von umwerfender Witz- und Knackigkeit.

Der depressive Vater, Lehrer, ein herzensguter Mensch, bastelt einen Unterstand aus Holz für die Abfallkübel und bemalt diesen. Am Tag der Kehrichtabfuhr sind Vater und Tochter gespannt, wie die Müllmänner auf das Ding reagieren. Gross ist ihr Erstaunen, als diese das Häuschen gleich mit auf den Mist werfen.

Miriam Toews: «Kleiner Vogel, klopfendes Herz»

Die grosse Schwester macht sich aus mennonitischer Repression mit der kleinen und dem Baby-Schwesterchen aus dem Staube. Das ist natürlich keineswegs komisch, das Buch ist es aber trotzdem. Wer hat nur den deutschen Titel verbrochen?

Tan Twan Eng: «The Garden of Evening Mists»

Japanische Gartenbau-Kunst im malaysischen Cameron-Highland vor bewegten geschichtlichen Hintergründen. Eine Geschichte dessen innere Stille sich dem Leser vermittelt.

Harry Mathews: «Mein Leben als CIA»

Amüsantes Vexierspiel: Mathews wird verdächtigt, ein CIA-Agent zu sein und steht dann vor der Schwierigkeit, ein solcher zu werden.

John Fante: «Unter Brüdern»

Little Italy in Yuba-County, Kalifornien. Fante war Bukowskis Gott.

 

Miniaturen:

Klaus Bittermann: «Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol»

Kreuzberg ebenso scharf beobachtet wie skurril erzählt. Geschichten von grosser Vergnüglichkeit.

Hans Stilett: «Eulenrod»

Eine Kindheit in Thüringen Ende der zwanziger Jahre vom Montaigne-Übersetzer. Ein Kleinod.

 

Kriminalromane:

Gillian Flynn: «Gone Girl»

Beziehungsknatsch als Krimi-Fairytale – spannend mit überraschenden Wendungen. Plastische Charaktere, überragende psychologische Detailrealistik.

Hjorth & Rosenfeldt: «Der Mann, der kein Mörder war»

Kriminalpsychologe Sebastian Bergmann, hochintelligent und unausstehlich – eine umwerfende Type.

Reginald Hill: «Rache verjährt nicht»

Diesen Autor lese ich schon deswegen, weil er wie ich an einem 3. April geboren ist. Er ist aber darüber hinaus auch super gut.

 

Gesellschaftspanoramen:

Peter Buwalda: «Bonita Avenue»

Die niederländische Antwort auf Jonathan Franzen. Dieser um Mord, Selbstmord und einer Tochter im Pornobusiness vermehrt. Hardrock. Ein Debütroman so wuchtig und detailreich, dass man sich frägt, was der Mann danach noch schreiben will.

Fritz Raddatz: «Tagebücher»

Ein Jahrmarkt der Eitelkeiten, aufgezeichnet vom selbst nicht uneitlen Kulturjournalisten Number One Deutschlands. Da kam Klein-Maxe aus dem Staunen nicht mehr heraus. In einem Zug runtergelesen. Was gibt es Geileres als Kultur-Klatsch?

Jonathan Franzen: «Korrekturen»

Darstellung des amerikanischen Mittelstandes in den neunziger Jahren von  kaum zu überbietender Authentizität. «Freiheit» soll noch besser sein.

John Irving: «In einer Person»

Dieses Buch hat mich betreffs anderer sexueller Präferenzen aufgeklärter und gelockerter zurückgelassen. Ebenso mutig wie unterhaltsam.

 

Sachbücher:

Valentin Tomberg: «Die grossen Arkana des Tarot – Meditationen» Bände I-IV

Summa christlicher Hermetik. Eine Fundgrube.

David Bisson: «René Guénon – Une politique de l'esprit»

Der Politikwissenschaftler und Ideenhistoriker Bisson stellt in seiner monumentalen Untersuchung von Leben, Werk und Wirkung des französischen Metaphysikers diesen als kardinale Figur des 20. Jahrhunderts dar. Der deutsche Sprachraum bleibt davon unberührt.

Vladimir Solov'ev: «Der Sinn der Liebe»

"Ein nicht betäubtes Gewissen und ein nicht verrohtes ästhetisches Gefühl verurteilen in voller Übereinstimmung mit dem philosophischen Verstehen unbedingt jede geschlechtliche Beziehung, die auf der Trennung und Absonderung der niederen tierischen Sphären des menschlichen Wesens von seinen höheren Sphären beruht."

Egon Friedell: «Kulturgeschichte der Neuzeit»

So macht Geschichte Spass – geschrieben vom genialen Dilettanten, Schriftsteller, Kulturphilosophen, Religionswissenschaftler, Dramatiker, Theaterkritiker, Journalisten, Schauspieler, Conférencier und eben Historiker Friedell.

Gerda Lier: «Das Unsterblichkeitsproblem» 2 Bände

Alles, was sich zum Beweis der Unsterblichkeit aus theoretischer Physik, Evolutionsbiologie, Neurologie, Philosophie, Psychologie und Mystik anführen lässt, hat die Autorin auf 1'409 Seiten zusammengetragen.

Robert James Fletcher: «Inseln der Illusion»

Politisch köstlich unkorrekte Briefe aus der Südsee, die ich vor vielen Jahren schon mal gelesen habe.

Fabienne Verdier: «Zeichen der Stille – Eine Initiation in China»

Eine ausserordentliche Frau und Künstlerin und ein ausserordentliches Buch, das Verdiers Suche nach und Ausbildung bei Meistern traditioneller Künste im kommunistischen China der 80er Jahre beschreibt.

André Müller: «Sie sind ja wirklich eine verdammte Krähe»

Letzte Gespräche und Begegnungen des 2011 verstorbenen, wundersamen Interviewers Müller. Dieser muss hinter das Simsalabim der Interviewtechnik gekommen sein. Habe daraufhin gleich alle seine veröffentlichten Gespräche gelesen.

Peter Liechti: «Klartext»

Wer sind unsere Eltern? Der 62jährige Filmemacher Liechti begegnete mit Kamera und Mikrofon bewaffnet seinen Eltern wieder und schuf den sehr sehenswerten Film «Vaters Garten». «Klartext» liefert die Interviews in Buchform. Der Vater: "Wenn was ansteht, besprechen wir (er und seine Frau) die Möglichkeiten, und was mir einleuchtet, machen wir dann."