Zehn Bücher, die ich 2007 gelesen habe.
1) „Der Mandant“ von Michael Connelly
Das Problem mit meisterlichen Thriller-Autoren vom Schlage eines Michael Connelly besteht darin, dass sie einen für die erzählerischen Betulichkeiten „hoher“ Literatur völlig verderben. Nach einem Connelly Peter Bieri oder Orhan Pamuk zu lesen, ist wie nach einem Saunagang im lauwarmen Regen zu stehen.
2) „Ruhelos“ von William Boyd
Dieses Problem hat man bei Boyd nicht. Sein Spionageroman ist hohe Literatur mit dem erzählerischen Drive eines Thrillers: Desinformation im zweiten Weltkrieg, um die Amerikaner in den Krieg gegen Hitler zu ziehen. Perfekte Romankonstruktion. Mit einem solchen Buch verbringt man die heiligen Tage in Trance.
3) Die Palliser-Romane von Anthony Trollope
Zum Abtauchen. Literarische Soap auf dem Hintergrund des viktorianischen Parlamentarismus. Stets geht es darum, wer mit wem und wie viel Geld kommt bei welcher Heirat zusammen. Eine Art <Gala>-Heftli auf tausenden von Seiten mit moralischen Dilemmata. Erstaunlicherweise nur auf englisch.
4) „Deckname Otto“ von Liza St. Aubin de Terán
Liza St. Aubin de Terán ist meine Lieblingsautorin. Ein Name wie ein Gedicht. Schöpft grossartige Bücher aus ihrer Lebensgeschichte. „Deckname Otto“ ist die Biografie eines venezolanischen Revolutionärs contre coeur, der in Europa, Kuba und Algerien zugange gewesen ist.
Interessante Hinweise auf südamerikanisches Balzverhalten.
5) „Wenn der Wind dreht“ von Andrea de Carlo
Mein literarischer Geschmack richtet sich nach Ludwig Ganghofer: „Wenn ich a Bichl les, mecht ich mei Freid dron hobn, sonst pfeif ich auf die ganze Literatur.“ Andrea de Carlo ist ein italienischer Martin Suter mit ökologischem Touch. Intelligent und sehr unterhaltsam.
6) „Köbi Santiago“ von Stefan Pörtner
Wie es in den Achtziger-Jahren zu und her ging: Zürich-Krimi mit erhellenden Einsichten in den Hanf-Handel. Köbi ein Ermittler ohne Mission. Ehret heimisches Schaffen – zumindest das witzig erfrischende, heimelig-böse.
7) „Wie man über Bücher spricht, die man nicht gelesen hat“ von Pierre Bayard
Amüsanter literaturtheoretischer Essai: Habe ich ein Buch, von dem ich nur noch weiss, dass es super war, überhaupt gelesen? Man muss nicht alles gelesen haben, aber man muss es einordnen können.
8) „Romantik – Eine deutsche Affäre“ von Rüdiger Safranski
Safranski macht Philosophisches allgemeinverständlich und gibt mir so das Gefühl, dass auch ich ein Philosoph bin. So habe ich schon Nietzsche, Schopenhauer und Heidegger „gelesen“. Und jetzt bin ich auch noch ein Romantiker.
9) „Das Mysterium der Kathedralen“ von Fulcanelli
Der letzte bekannte Adept des „Steins der Weisen“ über die alchemistisch-hermetische Symbolik der gothischen Kathedralen. Skandalös, was es alles auf esoterisch-spirituellem Gebiet auf deutsch nicht zu lesen gibt. Zum Beispiel den Meister-Metaphysiker René Guénon. Den mysteriösen Fulcanelli aber schon. Sogar von einem Schweizer Verlag herausgebracht.
10) „Die Erkenntnis und das Heilige“ von Seyyed Hossein Nasr
Nichts weniger als eine „Bibel“ von dem traditionalen Gelehrten S.H. Nasr: Rationalität und Religiosität ist kein Widerspruch, sondern Erkenntnis ist der königliche Weg zum Heiligen: Guénon, Böhme, Swedenborg, Baader, Meister Eckhart.